AIV: Gute Stadtplanung fängt bei Brücken an. Verbinden und beleben statt teilen

Nach Angaben des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin (AIV) fängt guter Städtebau in einer Stadt mit vielen Wasserwegen bei den Brücken an. Dipl.-Ing. Tobias Nöfer, AIV-Vorsitzender: „Brücken können nicht nur verbinden, sondern Stadträume beleben bzw. sogar neu entstehen lassen. Das zeigen uns historische Beispiele wie der Ponte Vecchio in Florenz oder die Rialtobrücke in Venedig, aber auch moderne Bauten wie die Cirkelbroen-Brücke in Kopenhagen sowie die Entwürfe zur Bridge 800 competition in London. Berlins aktuelle Brückenplanungen im Zentrum sind hingegen uninspiriert, autobahnartig und eines Stadtzentrums unwürdig. Deswegen müssen dringend vernünftige urbane Konzepte entwickelt werden, damit nicht weiter Betonmonster gebaut werden, die einen guten Städtebau unmöglich machen.“

Zwei Beispiele für fehlgeschlagene Brückenplanungen, die zu einem monströsen Autoverkehr und zu unmenschlichen Räumen geführt haben, sind die Mühlendamm- und Gertraudenbrücke, die 1968 bzw. 1978 entstanden sind. Bis heute zerschneiden sie den historischen Kern von Berlin und sind zu Symbolen eines verfehlten Städtebaus geworden. Wie die baugleiche Elsenbrücke in Treptow sind sie mittlerweile baufällig und müssen erneuert werden – die Chance für einen Neuanfang!

Dr. Benedikt Goebel, Stadthistoriker und AIV-Vorstandsmitglied: „Hier darf es kein Weiter so! geben. Das Klosterviertel und der Molkenmarkt bilden den Ursprung der Stadt Berlin, der gerade neu gestaltet wird. Eine innovative Brückenplanung kann hier Quartiere verbinden und so die verlorene Urbanität zurückkehren lassen. Eine interessante Alternative wäre beispielsweise die Idee, die Mühlendammbrücke selbst wieder zu bebauen. Genau 100 Jahre nach der Gründung von Groß-Berlin hat die Stadt die einmalige Chance, nicht wieder in die 1970er Jahre zu verfallen, sondern auch im Zentrum eine menschenfreundliche Metropole zu gestalten.“

Als einen Grund für die Wiederholung verfehlter Brückenplanungen vermutet der AIV die Scheu der Verwaltungen, die sogenannten Kreuzungsverträge Wasser/Straße zu ändern, die für jede Kreuzung bestehen. Allein die selbstgemachten Verwaltungshürden machen schlechten Städtebau der Vergangenheit schon irreparabel. „Zudem kommunizieren die zuständigen Verwaltungen nicht miteinander. Stadtentwicklung, Verkehr und Finanzen müssten mal wieder an einem Strang ziehen. Schon vor bald 25 Jahren wurde von der Senatsverwaltung geplant, stadtverträgliche schmalere Brücken- und Straßenneubauten mit den Einnahmen aus dann freiwerdenden Grundstücken in bester Lage zu refinanzieren – Pläne, die man dringend nochmal studieren sollte“, führt Nöfer aus. „Das Ausmaß verpasster Chancen wird immer größer.“

Bereits letztes Jahr haben sich der AIV im Rahmen der Allianz für einen neuen Mühlendamm mit 15 anderen Vereinen und Verbänden gegen eine Wiederholung der stadtzerstörenden Autobahnbrücken ausgesprochen – und im September eine Brücken-Demo gegen „die Dinosaurier“ mitorganisiert. „Der damaligen Bitte um ein Gespräch oder einen runden Tisch zur Neugestaltung der Mühlendammbrücke ist die Verwaltung nie nachgekommen. Hier wird eine einzigartige Möglichkeit vertan, Berlin eine neue Mitte mit einer menschenfreundlichen Brücke zu geben“, so Goebel resümierend.

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Der AIV hat das Ziel, die Berliner Baukultur zu fördern. Seine wichtigste Aufgabe sieht der traditionsreiche und älteste noch bestehende Verein Berlins somit darin, Stellung zu aktuellen Planungsvorgängen zu beziehen. Er nimmt damit maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklungen in wichtigen städtischen Bereichen der Hauptstadt. Der AIV analysiert und kommentiert Etappen und Projekte; er stellt Diskussionsansätze für die zukünftige Stadtentwicklung vor und ist somit ein wichtiger und kritischer Begleiter der Bau- und Kulturgeschichte Berlins. www.aiv-berlin.de.

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