Kaiser und Protestanten in Speyer

„Macht euch auf nach Speyer“, empfahl schon Johann Wolfgang von Goethe. Sicher hat er damit auch die Besichtigung des Kaiserdoms gemeint. Und vielleicht ist er bei seinem Besuch in Speyer auf den Turm gestiegen, um die fantastische Aussicht über Speyer, die Vorderpfalz und die badische Nachbarschaft zu genießen. 304 Stufen sind im Südturm bis zur Aussichtsplattform in rund 60 Metern Höhe zu überwinden. Der imposante Dom ist das größte Denkmal der romanischen Epoche und mit seiner Geschichte auch das bedeutendste. Seit 1981 gehört er zum UNESCO-Welterbe.

Herrschergruft für Könige und Kaiser

Der salische Kaiser Konrad II. ließ im 11. Jahrhundert die Kathedrale in Speyer bauen, die heute als größte romanische Kirche der Welt gilt. Das verdankt Speyer dem Ehrgeiz des Kaisers, die längste Kirche weltweit zu bauen. Als Konrad II. als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 1039 im Dom beigesetzt wurde, war dieser noch eine Baustelle. Drei weitere Kaiser und vier Könige des Mittelalters fanden in der Herrschergruft ihre letzte Ruhe. Die im Jahr 1040 geweihte Krypta ist heute der älteste Teil des Kirchenbaus. Der Dom wurde erst 1061 geweiht. Nur 20 Jahre später begann ein Umbau der Kirche. Das Mittelschiff erhielt ein riesiges Gewölbe, Türme wurden aufgestockt und das Mauerwerk mit der Zwerggalerie bekrönt. So bekam der Dom unter Heinrich IV. sein heutiges Aussehen.

Jüngste Dombaumeisterin Deutschlands arbeitet in Speyer

Im Lauf der Geschichte blieb der Dom nicht vor Bränden, Zerstörungen in Kriegen und Revolutionen verschont. Zu Zeiten der Französischen Revolution wäre er 1806 beinahe abgerissen worden. Bei der großen Domrestaurierung in den 1950er-Jahren erfuhr der Kirchenbau eine Re-Romanisierung. Die Ausmalung des 19. Jahrhunderts wurde entfernt und der Boden auf das ursprüngliche Niveau gebracht. Aus dieser Zeit stammen die fünf Bronzeportale der Kirche.

Anlässlich des von der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Rheinland-Pfalz ausgerufenen Kaiserjahres 2020/21 erfuhr die Vorhalle des Doms unter Leitung von Hedwig Drabik, jüngste Dombaumeisterin Deutschlands, eine umfassende Restaurierung. Dieses neoromanische Element des Domes wurde im Vergleich zu den Teilen des Doms aus romanischer Zeit als Kunstwerk lange unterschätzt. Jetzt strahlen in dem halboffenen Raum die beiden imposanten Grabmale für Rudolf von Habsburg und Adolf von Nassau, die Skulpturen in den vergoldeten Nischen sowie das imposante dreijochige Backsteingewölbe in alter Pracht.

Höchster Kirchturm der Pfalz erinnert an Protestation

Ähnlich prachtvoll, wenn auch insgesamt etwas kleiner, ist die Gedächtniskirche in Speyer. Die bunt glasierten Dachziegel der Gedächtniskirche machen das Gotteshaus unverkennbar. Ihr 100 Meter hoher Glockenturm ist der höchste in der Pfalz und überragt somit auch die Türme des ehrwürdigen Doms zu Speyer. Die 1893 bis 1904 erbaute neugotische Gedächtniskirche ist die Hauptkirche der Evangelischen Kirche in der Pfalz. Ihr Name soll an die Protestation auf dem 2. Reichstag zu Speyer im Jahr 1529 erinnern. In der Vorhalle der Kirche bekräftigt das ein überlebensgroßes Lutherdenkmal, die Statuen der protestierenden Fürsten und die Wappen der Reichsstädte. In der Kirche tauchen 36 Glasfenster mit farbenprächtigen Szenen aus der Bibel und der evangelischen Kirchengeschichte den Raum in buntes Licht.

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