Freie Flächen für Graffiti-Künstler

Legale Flächen für erfahrene Graffiti-Künstler, aber auch für junge und weniger erfahrene Sprayer stehen ab Anfang Oktober in extra dafür vorgesehenen Bereichen auf dem Stadtwerke-Gelände des "Alten Gaswerks" in der Weisenauer Straße zur Verfügung. Heute stellten Thomas Beckmann vom Fanprojekt Mainz e.V., die Mainzer Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse und Vertreter des Letterbox Kollektivs vor Ort Einzelheiten des Projekts vor.

2018 hat das Fanprojekt Mainz an der Weisenauer Straße sein neues Domizil bezogen. In den denkmalgeschützten Gebäuden wurden in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Mainzer Stadtwerke Büroräume bezogen, ein Jugendtreff eingerichtet und die Fankneipe „Kick ’n Rush“ etabliert. Mit viel Engagement und Eigenleistung leistet das Fanprojekt seitdem nicht nur einen Beitrag zur Entwicklung des ehemaligen Gaswerk-Geländes zu einem neuen, gemischt genutzten Standort. In den vergangenen drei Jahren sind unterhalb des Volksparks zudem eine ganze Reihe  an Bildungs- und Kulturveranstaltungen initiiert worden Und auch der aktuell zweimal pro Woche geöffnete Jugendtreff findet stetig mehr Resonanz.

„Die pädagogische Arbeit des Fanprojektes zielt natürlich in erster Linie auf Jugendliche und Heranwachsende aus dem Fanumfeld des 1.FSV Mainz 05 ab“, erläutert Thomas Beckmann. Doch die Berücksichtigung und Einbindung anderer kultureller Einrichtungen und Subkulturen in Mainz seien schon bei den ersten Konzepten zur Nutzung des ehemaligen Gaswerk-Geländes ein wesentlicher Faktor gewesen: „Gerade die vielfältigen Schnittmengen zwischen Fußballfans und etwa der Hiphop- und Graffitiszene machen ein solches Graffiti-Projekt sinnvoll. Auch vor diesem Hintergrund haben wir bereits im Jahr 2015 in Abstimmung mit der Stadt und Kulturdezernentin Marianne Grosse die Patenschaft für die Graffiti-Gestaltung der Brückenunterführung an der Koblenzer Straße übernommen.“ Ein Blick über den Rhein nach Wiesbaden zeigt nach Ansicht des Fanprojektes, wie sich dort die Sprühkunst etabliert hat. Der Kasteler Brückenkopf empfängt jährlich im Namen des Meeting of Styles (MOS) Künstler aus aller Welt, die  über ein Wochenende mehrere Tausend Quadratmeter gestalten. Das MOS hat sich fest in Wiesbaden etabliert und ist mittlerweile ein weltweit anerkanntes Graffitifestival.

Marianne Grosse: „Wir freuen uns über die Möglichkeit, die sich an der Weisenauer Straße bietet: Den vielen ortsansässigen Sprayerinnen und Sprayern wird hier neuer Freiraum zur Gestaltung und Entfaltung gegeben. Ich danke dem Fanprojekt und den Stadtwerken, dass man jungen Menschen den Raum gibt, Graffiti als kreativen Ausdruck ihrer jeweiligen Interessen und Lebenslagen ausleben zu können.“

Der Zugang zu den Wänden auf dem Gelände des Alten Gaswerks ist grundsätzlich für alle interessierten Sprayer offen – allerdings nur zu bestimmten Zeiten und nach vorheriger Absprache und mit Begleitung durch das Fanprojekt. Das Sprayen ist zudem ausschließlich auf den dafür extra installierten Wänden und Flächen gestattet.

„Wir haben in den vergangenen Monaten eine weitere Büroeinheit entlang der Weisenauer Straße umgebaut, saniert und bereits vermietet. Die ehemalige Gasstation im Süden des Areals wird zudem aktuell zu einer attraktiven Veranstaltungshalle für Events, Seminare und Kultur umgebaut“, beschreibt der Stadtwerke-Vorstandsvorsitzende Daniel Gahr  die aktuelle Situation. Dabei soll es nicht bleiben: Die Mainzer Stadtwerke wollen in den kommenden Jahren das Gelände ,Altes Gaswerk` Schritt für Schritt weiterentwickeln.

Hintergrund

Das Fanprojekt

Das Fanprojekt Mainz e.V. ist ein Träger der freien Jugendhilfe und arbeitet seit 1994 unter den Vorgaben des Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit (NKSS). Aktuell werden vier hauptamtlich tätige Sozialpädagoginnen und -pädagogen beschäftigt. Die Finanzierung wird durch die Stadt Mainz, das Innenministerium, die Deutsche Fußball-Liga (DFL), den Landkreis Mainz-Bingen und einen Förderkreis sichergestellt.  Die Fanprojektarbeit soll zur Minderung von Gewalt in jeglicher Form und zum Abbau extremistischer Orientierungen beitragen. Sie soll auf die Integration jugendlicher Mainz 05-Anhänger in das Gemeinwesen hinwirken und die Ausgrenzung jugendlicher Fußballfans vermeiden helfen. In Form von Bildungs- und Aufklärungsarbeit werden den Jugendlichen und Heranwachsenden demokratische Werte vermittelt. Das Projekt will unter Einbindung kommunaler Strukturen dazu beitragen, den 1. FSV Mainz 05, die Polizei, die Medien und andere Institutionen zu mehr Verständnis und Engagement für Jugendliche und ihre Interessen zu bewegen.

Das Gelände

Das "Alte Gaswerk"/"Alte Rohrlager" gehört den Mainzer Stadtwerken. 1855 wurde in der Weisenauer Straße das erste Mainzer Gaswerk errichtet. Nach dem Ende der Energieproduktion Anfang des vorigen Jahrhunderts und verschiedenen Zwischennutzungen, diente das Areal den Stadtwerken schließlich unter anderem als Rohrlager. Mit der Inbetriebnahme eines neuen Zentrallagers in der Oberen Austraße wurde das Rohrlager vor einigen Jahren nicht mehr benötigt –  die Mainzer Stadtwerke entwickelten für das Gelände daher ein neues Nutzungskonzept mit einem Mix aus Büros, Produktion, Kultur und Gastronomie. Die ersten neuen Nutzer waren der Kulturverein PENG, die Kühn Kunz Rosen-Brauerei und das Fanprojekt Mainz e.V. . Die vorhandenen Bestandsgebäude wurden von den Stadtwerken und den Nutzern aufwendig saniert, einschließlich weiter Teile der historischen Fassaden. Außerhalb der denkmalgeschützten Gebäude gibt es jedoch einige Stützmauern, die jüngeren Datums sind und keine hochwertige Bausubstanz darstellen. Sie können entsprechend gestaltet werden.

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