Glasfaser für schnelles Internet: Rat will mit GIA Überbau verhindern

Heute haben sich die zuständigen EU-Minister für Telekommunikation zum Gigabit Infrastructure Act (GIA) positioniert und damit den Weg freigemacht für die Verhandlungen mit dem Parlament. Mit dieser Verordnung soll der Breitbandausbau europaweit beschleunigt werden. Ein Hauptinstrument des GIA ist das Recht auf Mitnutzung, das Telekommunikationsanbietern erlaubt, auf Infrastrukturen bestehender Glasfasernetze zurückzugreifen.  

Die Mitgliedstaaten machen zwar Verbesserungsvorschläge gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission. Allerdings bleiben Hindernisse, insbesondere für kommunale Telekommunikationsunternehmen, kritisiert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Der Verband vertritt rund 250 kommunale Unternehmen im Breitbandausbau, die dabei auf ultraschnelles Glasfaserinternet setzen und ihre Netze für Angebote von Wettbewerbern (Open Access) öffnen. 

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: 

„Schnelles Internet ist für unsere Städte und Regionen so grundlegend wie Strom und Wasser. Deswegen ist es richtig, dass die EU den Ausbau von Breitbandnetzen beschleunigen will. Für uns ist es wichtig, dass ein Wettbewerb auf den Netzen stattfindet – und nicht zwischen Netzen. Dabei ist es positiv, dass der Rat bei Vorliegen eines Bitstromzugangs oder alternativ eines Zugangs zu unbeschalteten Glasfasern* dem Netzbetreiber die Möglichkeit einräumen will, einen Überbau durch die Hintertür zu verhindern. 

Allenfalls in Ballungsräumen können sich für die Betreiber mehrere Glasfasernetze nebeneinander lohnen. Dabei ist es im Grunde unerheblich, ob diese Netze nebeneinander gebaut werden oder ein zweites oder drittes Glasfaserkabel über Leerrohre eines bereits vorhandenen Netzes verlegt wird. In jedem Fall verlieren alle Anbieter durch diesen Mehrfachausbau an Profitabilität, und es bliebe weniger Kapital für den Ausbau weniger attraktiver Gebiete, insbesondere im ländlichen Raum. Was mit dem Mitnutzungsanspruch gut gemeint ist, würde bei näherem Hinsehen den flächendeckenden Glasfaserausbau in Deutschland konterkarieren. 

Kritisch hingegen ist weiterhin, dass der Open Access durch den gleichen Anbieter angeboten werden soll. Das berücksichtigt die Besonderheiten von Stadtwerken nicht, bei denen sich häufig Tochter- oder Schwestergesellschaften den Ausbau und Betrieb von Glasfasernetzen teilen. In der Praxis könnte ein Tochterunternehmen nicht auf ein anderes Tochterunternehmen verweisen, wenn das eine ausbaut und das andere den Betrieb der passiven Infrastruktur übernimmt, obwohl beide zum gleichen Stadtwerk gehören. Deshalb sollte es möglich sein, auf Open-Access-Angebote anderer Telekommunikationsunternehmen sowie sinnvollerweise auch auf geplante und im Bau befindliche Netze zu verweisen anstelle von nur Netzen desselben Netzbetreibers.  

Darüber hinaus braucht es eine rechtliche Definition ‘öffentlicher Mittel’ im Kontext der Baustellenkoordination, also beim Rechtsanspruch auf Netzausbau eines Unternehmens in der Baugrube eines mit öffentlichen Mitteln erstausbauenden Versorgungsnetzbetreibers. Nur so wird klargestellt, dass damit staatliche Förder- beziehungsweise Haushaltsmittel gemeint sind, nicht aber der Ausbau durch kommunale Unternehmen generell.“ 

*Technische Hintergründe zu Zugang zu Bitstrom und unbeschalteten Glasfasern: 

Hierbei handelt es sich um verschiedene Vorleistungsprodukte für Anbieter von Endkundenprodukten, z.B. Prepaid-Internet etc. Die Rolle des kommunalen Unternehmens unterscheidet sich dabei. 

·        Bitstrom (vereinfacht Datenstrom): Hat das kommunale Unternehmen das Glasfasernetz erbaut, ist es der Eigentümer. Im Falle von Bitstrom betreiben sie selbst das Netz: Sie bieten Zugang zum Datenstrom an, kümmern sich um Instandhaltung und Wartung. Kurzum: Sie betreiben das Netz selbst und kümmern sich um alle aktiven Komponenten, die für den Netzbetrieb relevant sind. Dadurch bekommt der Zugangsnachfrager die Möglichkeit, sich allein auf sein Dienste-Angebot zu konzentrieren. 

·        Unbeschaltete Glasfaser (Dark Fiber): Hier ist der Zugangsnachfrager selbst für den aktiven Betrieb des Glasfasernetzes zuständig. Der Eigentümer bzw. das kommunale Unternehmen ist nicht der Betreiber. 

Über Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.550 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit über 300.000 Beschäftigten wurden 2021 Umsatzerlöse von 141 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 17 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 66 Prozent, Gas 60 Prozent, Wärme 88 Prozent, Trinkwasser 89 Prozent, Abwasser 45 Prozent. Die kommunale Abfallwirtschaft entsorgt jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und hat seit 1990 rund 78 Prozent ihrer CO2-Emissionen eingespart – damit ist sie der Hidden Champion des Klimaschutzes. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 206 Unternehmen investieren pro Jahr über 822 Millionen Euro. Künftig wollen 80 Prozent der kommunalen Unternehmen den Mobilfunkunternehmen Anschlüsse für Antennen an ihr Glasfasernetz anbieten. Zahlen Daten Fakten 2023

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