Neues Klima-Ranking: Versicherer setzen Kohle-Rückzug fort

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– Durch Ausschlüsse bei Versicherern werden Kohlegeschäfte schwieriger
– Im Öl- und Gasbereich noch viel Luft nach oben
– Allianz fällt hinter Konkurrenz zurück, da Richtlinien im Öl- und Gasbereich fehlen

Für die Kohleindustrie wird es zunehmend schwerer und teurer, ihr Geschäft abzusichern. Zu diesem Ergebnis kommt die vierte Klima-Analyse zur Versicherungsbranche des globalen NGO-Netzwerks Insure Our Future, dessen deutsches Mitglied urgewald ist. Demnach haben inzwischen 23 der weltweit größten Versicherer in den letzten drei Jahren ihre Kohlegeschäfte entweder beendet oder eingeschränkt. Das entspricht rund 48 Prozent des Rückversicherungs- und knapp 13 Prozent des Direktversicherungsmarktes. Den Bericht stellen die Autoren heute anlässlich der Versicherer-Konferenz Insurance, Risk and Capital EMEA vor.

Für die Analyse untersuchte Insure Our Future 30 führende Versicherer und ihre Richtlinien in Bezug auf fossile Energien. Ausgewertet wurden sowohl die Antworten von 20 Unternehmen als auch öffentlich verfügbare Informationen. Die meisten europäischen und australischen Versicherer decken aufgrund des Drucks seitens der Klimaschutzbewegung keine neuen Kohleprojekte mehr ab, andere werden vorsichtiger und schränken die Versicherung ein. Kohleunternehmen sehen sich deshalb mit Ratensteigerungen um bis zu 40 Prozent konfrontiert, berichtet der Versicherungsbroker Willis Tower Watson. [1] Umstrittene Projekte wie die von Adani geplante Carmichael-Mine in Australien finden nur noch schwer Versicherungen. Der Trend umfasst auch die Kohle-Investitionen der Versicherer, so dass mittlerweile für etwa 40 Prozent, rund 12 Billionen US-Dollar, der globalen Versicherungs-Vermögenswerte Ausschlussrichtlinien existieren – eine Vervierfachung seit 2017.

Kohlemarkt schrumpft, mehr Aufmerksamkeit auf Öl und Gas

Für das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, reichen die Schritte der Versicherer jedoch noch nicht. Sowohl bedeutende Versicherer in den USA und Ostasien sowie der Versicherungsmarkt Lloyds of London versichern Kohle nach wie vor. Erstmals untersucht der Bericht der NGO-Koalition dieses Jahr auch, wie sich Versicherer zu Öl und Gas verhalten: Nur neun Versicherer haben die Deckung für die besonders umwelt- und klima-schädlichen Ölsande eingeschränkt oder beendet, fünf mehr als letztes Jahr.

Allianz verliert beim Klimaschutz Spitzenplatz unter den deutschen Versicherern

Die deutschen Versicherungsgiganten konnten beim Klimaschutz im Vergleich zum Vorjahr zur internationalen Konkurrenz aufschließen. Die Allianz fällt allerdings gegenüber Hannover Re, Munich Re und Talanx (HDI Global) zurück. In diesem Jahr hat sie zwar ihre Kohlerichtlinie geschärft, indem sie neben neuen Kohlekraftwerken und -minen, auch Kohleunternehmen von der Versicherung ausschließt. Im Bereich Öl und Gas hat sich bei der Allianz jedoch noch gar nichts getan. [2] Dahingegen haben die anderen großen deutschen Versicherer zumindest Ölsandfirmen von Investitionen und Versicherung auf Projektebene ausgeschlossen. [3] Im internationalen Gesamtvergleich stehen damit Hannover Re auf Platz 3 (Vorjahr Platz 10), Munich Re auf Platz 5 (Platz 13) und Talanx auf Platz 9 (Platz 10) vor der Allianz auf Platz 11 (Platz 7).

„Während die Allianz dieses Jahr ihre Ausschlussregeln für Kohle nachgebessert hat, warten wir bisher vergeblich auf eine Richtlinie im Öl- und Gasbereich. Da wird die Allianz ihrem eigenen Anspruch als Klimavorreiter nicht gerecht. Ihr mittelmäßiges Abschneiden im neuen Versicherer-Ranking spiegelt das nun wieder“, urteilt Regine Richter, Energie-Campaignerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald.

Mit Blick auf die gesamte Industrie ergänzt Peter Bosshard, Koordinator der Insure Our Future Kampagne: „Dass mehr und mehr Versicherer Kohle ausschließen ist positiv, dieser Trend muss sich aber beschleunigen angesichts der immer schlimmer werdenden Klimakrise. Zauderer wie Lloyd’s, AIG und Tokio Marine müssen aufhören Kohle zu versichern und die gesamte Branche muss aufhören, die Öl- und Gasindustrie zu unterstützen.“

Versicherer haben großen Hebel für die Energiewende in der Hand

Kohleverbrennung ist für 40 Prozent der Kohlendioxidemissionen (ohne landnutzungsbezogene Emissionen) verantwortlich, Öl und Gas zusammen für 55 Prozent. Die Erschließung und Nutzung neuer fossiler Projekte steht nicht in Einklang mit dem 1,5°C Limit. [4] [5] Der schrumpfende Kohlemarkt zeigt den Einfluss, den Versicherer auf die Entwicklung von fossilen Quellen haben können und der stark konzentrierte Öl- und Gas- Versicherungsmarkt ist anfällig. Zehn Versicherer decken etwa 70 Prozent des globalen Öl- und Gasmarktes ab, die größten sind AIG, Travelers, Zurich und Lloyd’s. Versicherer, die 45 Prozent dieses Marktes kontrollieren, haben Kohle bereits ausgeschlossen. Ein Viertel des Marktes vertreten Unternehmen, die das 1,5°C-Limit einhalten wollen.

Lucie Pinson, Direktorin von Reclaim Finance sagt: „Europäische Versicherer haben den Rückzug aus der Kohle angeführt. Nun müssen sie bei Öl und Gas aktiv werden. Allianz, AXA, Munich Re und Zurich haben versprochen ihre Investitionen in Einklang mit dem 1,5°C- Limit zu bringen. Wenn sie das ernst meinen, müssen Unternehmen, die neue Öl- und Gasproduktion planen aus Versicherung und Investitionen herausfallen.“

Die Hauptergebnisse in Kürze:

Versicherung: AXA und Swiss Re schneiden am besten ab bei der Beendigung fossiler Versicherungen. Ihnen folgen Hannover Re, Zurich und Munich Re. Die meisten Richtlinien gelten für Kohle und Ölsande. Am unteren Ende finden sich AIG, Berkshire Hathaway, Lloyd’s Sinosure, Travelers und W.R. Berkley, die Kohle weiter ohne Einschränkungen versichern.

Divestment: Scor und AXA führen beim Divestment, gefolgt von Swiss Re, Allianz und Zurich. Außer der Allianz schließen alle neben Kohle auch Ölsande aus und einige schließen Investitionen in Unternehmen aus, die neue Kohleprojekte planen. 16 weitere Versicherer, die im Ranking untersucht wurden, haben weniger umfassende Richtlinien für das Kohle-Divestment, neun Versicherer investieren weiter in den Kohlesektor.

Klima-Führung: Legal & General haben die beste Bewertung für Klima-Führung, wobei es darum geht, die Geschäfte auf einen 1,5°C-kompatiblen Pfad zu bringen. Aviva, Zurich, Munich Re, QBE und AXA schneiden ebenfalls gut ab. 13 Versicherer, darunter alle US-Unternehmen erhielten schlechte Bewertungen, weil sie weiterhin Organisationen unterstützen, die gegen Klimaschutz agieren.

Das Versicherer-Ranking ist auf dieser Microsite abrufbar:

https://insurance-scorecard.com/

Im Anhang finden Sie den Bericht von Insure Our Future und das Ranking.

Notizen:

[1] Managing the transition, Mining Risk Review 2020, Willis Towers Watson, Sept 2020

[2] https://urgewald.org/medien/allianz-hauptversammlung-vorbildlich-kohle-widerspruechlich-oel-gas

[3] https://urgewald.org/medien/munich-re-hauptversammlung-56-millionen-fuer-exxon

[4] http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions. Die Zahlen enthalten keine Emissionen, die aus der Änderung von Landnutzung resultieren, da dazu keine Zahlen vorliegen.

[5] Global Warming of 1.5°C, Summary for Policymakers, IPCC, 2018. Ohne umfassende Carbon Capture and Storage muss die Nutzung fossiler Energien bis 2030 massiv heruntergehen. (Pfad 1)

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