Die generalistische Pflegeausbildung ist ein berufspolitischer Erfolg

In den letzten Monaten hat sich die Debatte um die generalistische Pflegeausbildung zugespitzt und mit einer weiteren Verschärfung in der kommenden Zeit ist fest zu rechnen.

Wir als Lenkungsgruppe Junge Pflege, die Vertretung der jungen Pflegenden, Auszubildenden und primärqualifizierend Studierenden im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), möchten uns ausdrücklich und klar für den Erhalt und die Weiterentwicklung dieser Ausbildung aussprechen. Wir sehen in der generalistischen Pflegeausbildung einen großen Gewinn und einen wichtigen Schritt für eine zukunftsfähige Pflege.

Im Jahr 2020 wurde durch das Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes die Pflegeausbildung reformiert. Seitdem werden alle Bereiche des Pflegeberufes, also Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege gemeinsam generalistisch ausgebildet. In den vergangenen zehn Jahren ist diese Entwicklung als der größte berufspolitische Erfolg für die Profession Pflege zu werten. Anfang 2023 haben – trotz erschwerter Umstände durch die Corona-Pandemie – die ersten Pflegefachfrauen und -männer diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.

Schon jetzt sind jedoch kritische Stimmen zu hören, die die Abschaffung oder ein Aufbrechen der Generalistik fordern:

Kinderkliniken und Ärzt:innen klagen über einen akuten Personalmangel im pädiatrischen Bereich und sind überzeugt, dass der Erhalt der Kinderkrankenpflegeausbildung diese Situation verbessern könnte (1). Ähnlich positioniert sich überraschenderweise die CDU/CSUFraktion des Bundestages (2). Obwohl der Erfolg der Einführung der Generalistik von einer CDU/CSU-geführten Regierung durchgesetzt wurde, wird jetzt im aktuellen Positionspapier "Die Pflege zukunftsfest machen" angekündigt, diese Entwicklung wieder rückgängig machen zu wollen. Auch die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung äußert Bedenken: Pflegende könnten sich zukünftig nach der dreijährigen Ausbildung weniger für den beruflichen Weg in die Altenpflege entscheiden (3). Aktuell gibt es jedoch keine konkreten Belege, dass eine solche Abwanderung tatsächlich stattfindet. Eine Evaluation der bisher noch vorgesehenen Spezialisierungen zur:zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger:in bzw. zur:zum Altenpfleger:in ist erst für 2025 geplant und auch dann erst sinnvoll.

Die Herausforderungen der generalistischen Pflegeausbildung und die Wahl des Arbeitssettings liegen weniger im Bereich der Ausbildungsinhalte, sondern stehen eher im Zusammenhang mit der Berufsrealität. Im Verlauf ihrer Ausbildung lernen Auszubildende verschiedene pflegerische Versorgungsbereiche und die dortigen Arbeitsbedingungen kennen. Die Wahl des zukünftigen Arbeitsbereiches wird maßgeblich von den praktischen Erfahrungen aus der Ausbildung mitbestimmt. Eine Entscheidung, beispielsweise für die Langzeitpflege, wird begünstigt durch attraktive Beschäftigungsbedingungen.

Es ist für die Gesundheitsversorgung essenziell, die generalistische Ausbildung attraktiv zu gestalten. Dafür müssen die Ausbildungsbedingungen stimmig sein und mindestens den gesetzlichen Vorgaben entsprechend eingehalten werden. Veränderungen der Einsatzplanung aufgrund von Personalmangel, pädiatrische Einsätze in Kindergärten und eigenverantwortliche Betreuung ganzer Wohnbereiche durch Auszubildende sind nicht vertretbar. Anstelle einer unzureichenden Wissensvermittlung in nichtpflegerischen oder unzureichend qualifizierten Einsatzorten können die praktischen Kompetenzen ergänzend durch moderne Lernmöglichkeiten, wie sie Skills Labs bieten, vermittelt werden. Dieser dritte Lernort bietet Auszubildenden einen geschützten Rahmen, welcher aufgrund der gegebenen Arbeitsbedingungen und des Personalmangels in den Praxiseinrichtungen oft fehlt.

Es ist unbestreitbar, dass spezialisiertes Wissen und die Fähigkeiten, die die Pflegefachpersonen im Verlauf ihrer Karriere erwerben, für bestimmte Bereiche der Versorgung unverzichtbar sind. Die generalistische Pflegeausbildung bildet zu Beginn des Berufslebens eine breite, fundierte Basis für das Berufsleben. Die Ausübung der Pflegevorbehaltsaufgaben, welche die Grundlage unserer Profession ausmachen (Pflegeassessment, Pflegeprozesssteuerung und Evaluation), ist unabhängig vom Tätigkeitsbereich. Eine dreijährige generalistische Ausbildung befähigt zu pflegerischen Kompetenzen wie der Krankenbeobachtung oder der Angehörigenbetreuung ungeachtet des Alters oder der Erkrankungen der Pflegebedürftigen. Wie in anderen Berufen erfolgt ein beträchtlicher Wissenszuwachs im praktischen Umfeld innerhalb des ersten Berufsjahres und verschafft Sicherheit im generalistischen beruflichen Handeln. Je nach Neigung und Interesse können sich Pflegefachpersonen im weiteren Verlauf spezialisieren und Expert:innen in ihrem Fachgebiet werden – ganz wie junge Ärzt:innen, die sich womöglich für ein Facharztausbildung entscheiden.

Eine generalistische Pflegeausbildung entspricht dem internationalen Standard. In Deutschland ist es in vielen Berufsgruppen üblich, generalistisch auszubilden; insbesondere im Gesundheitswesen. Weder die Ausbildung von Ärzt:innen, Logopäd:innen noch Physiotherapeut:innen beschränkt sich auf die Versorgung einer Altersgruppe. Hier wird vielmehr auf Fort- und Weiterbildungen im Laufe des Berufslebens gesetzt. Das Ziel sollte sein, sich dem internationalen Standard anzuschließen, um eine höchstmögliche Pflegequalität sicherzustellen und internationale Berufsmobilität zu erhöhen.

Die generalistische Ausbildung steht für die Professionalisierung des Pflegeberufes. Sie ermöglicht es, ein breites Spektrum an pflegerischen Schlüsselkompetenzen zu erwerben und flexibel in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsversorgung tätig zu sein. Diese Vielseitigkeit fördert stark die individuelle berufliche Entwicklung und ermöglicht Anpassungen an wechselnde Anforderungen im Gesundheitswesen – gerade auch in Krisenzeiten wie in einer Pandemie. Außerdem liegt darin ein entscheidender Gewinn für den Einsatz und die Entwicklung von Personal in Zeiten des Fachkräftemangels. Die Generalistik in der Pflegeausbildung muss beibehalten und weiterentwickelt werden. Sie bietet die Grundlage für eine breite und qualitativ hochwertige Pflegepraxis, die den Bedürfnissen der Pflegeempfänger:innen gerecht werden kann.

(1) https://www.alexianer.de/… (abgerufen am 13.10.2023 / 13:40 Uhr)
(2) CDU-CSU Bundestagsfraktion. Positionspapier "Die Pflege zukunftsfest machen". 10.10.2023
(3) https://www.schwaebische.de/… (abgerufen am 13.10.2023 / 13:37 Uhr)

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