Geplante Agrarpolitik droht neue Klimaziele der EU auszubremsen

Germanwatch warnt vor "Etikettenschwindel": Gemeinsame EU-Agrarpolitik für die kommenden Jahre, die nächste Woche verabschiedet werden soll, passt nicht zur Umsetzung der neuen Klimaziele – Dennoch soll der Beitrag des Agrarsektors als größte klimarelevante Ausgabe im EU-Budget gezählt werden

Europäisches Parlament, Kommission und Agrarminister:innen der EU-Staaten wollen in der kommenden Woche die bis 2027 gültige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) beschließen. Das jüngst verbesserte EU-Klimaziel, die Treibhausgase bis 2030 netto um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, findet in den aktuellen Entwürfen keinen angemessenen Niederschlag. "Der größte Budgetposten im EU-Haushalt würde nach jetzigem Stand keinen wirksamen Beitrag zu den neuen Klimazielen leisten", sagt Tobias Reichert, Experte für Agrarpolitik bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Das von der EU selbst gesetzte Ziel, 40 Prozent des Agrarhaushalts für den Klimaschutz zu nutzen, würde weit verfehlt. „Hier droht ein Etikettenschwindel: Der größte Ausgabenposten im Agrarbudget, die pauschalen Direktzahlungen, soll einfach auf dem Papier als zu 40 Prozent klimawirksam definiert werden. Dabei würden die derzeit geplanten Bedingungen für die Direktzahlungen nicht zu spürbar verringerten Emissionen beitragen, wie auch eine Studie im Auftrag von Germanwatch im Herbst vergangenen Jahres gezeigt hat“, erläutert Reichert. „Das ist nicht nur eine ziemlich dreiste Trickserei für die Agrarausgaben, sondern reduziert auch noch den Druck auf andere Sektoren. Denn wenn für die Agrarausgaben ohne weitere Überprüfung eine Klimawirkung von 40 Prozent angenommen wird, droht das Ziel, für das gesamte EU-Budget eine Klimaquote von 30 Prozent umzusetzen, nur auf dem Papier erreicht zu werden.“ Um die versprochene Klimaschutzwirkung des Agrarbudgets zu erzielen, müssten zumindest die Maßnahmen und Programme anhand transparenter wissenschaftlicher Kriterien bewertet werden, anstatt im Vorhinein pauschale Annahmen zu treffen. So hatte es auch das Europäische Parlament gefordert und nur so würde der versprochene Beitrag des Agrarsektors zum Klimaschutz überprüfbar.

Neue GAP muss Umstieg in eine andere Agrarpolitik einleiten

Noch hat die EU in den letzten Verhandlungen zur GAP die Chance, den Umbau zu einer klimafreundlicheren und nachhaltigen Landwirtschaft einzuleiten. Dafür müsste aber ein wachsender Prozentsatz der flächengebundenen Direktzahlungen, die den größten Teil der GAP-Ausgaben ausmachen, als "Eco-Schemes" an verbindliche höhere Umwelt- und Klimastandards geknüpft werden. Reichert: „Das derzeit vom Ministerrat und EU-Parlament angestrebte Niveau von 20 beziehungsweise 30 Prozent ist völlig unzureichend. Nötig wäre ein schrittweise wachsender Anteil, der 2027 mindestens 50 Prozent erreicht haben müsste.“

Mit den Eco-Schemes könnten wirksame Anreize geschaffen werden, Rinder wieder auf der Weide zu halten, Moore klimaschonend zu nutzen und die Überdüngung der Böden einzudämmen. Die Maßnahmen würden auch den Tier- und Artenschutz in der Landwirtschaft fördern.

Kurzstudie zur GAP im Auftrag von Germanwatch (Okt. 2020): www.germanwatch.org/de/19356

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